Kommentare zum Rücktritt der 09-Trainerinnen

30.08.12

GZ-Redakteurin Claudia Ix:

Einfach überfordert

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr. Vor zehn Jahren stiegen die 09-Handballerinnen in die 2. Liga auf und spielen seither dort eine gute Rolle - trotz von vornherein begrenzter finanzieller Mittel. Schon zu Zeiten des Langzeit-Trainers Peter Mersch gab es immer wieder Phasen, in denen der Verein die Kohle für Fahrten, Spielerinnen und Coach zusammen kratzen musste.

Seit Gründung der eingleisigen 2. Liga hat sich die Lage verschärft. Steigende Lizenzgebühren, steigende Versicherungsgebühren für die Spielerinnen, steigende Fahrtkosten zu Vereinen nach Süd- und Ostdeutschland - ist das zu viel für eine Kleinstadt wie Greven? Die Spielbetriebs GmbH tut und rackert und gräbt, doch die Lage wird nicht besser. Man kann niemandem einen Vorwurf machen, er hätte sich nicht bemüht. Es gibt keinen, auf den man anklagend den Finger richten könnte. Gerade in der vergangenen Spielzeit haben Fälle wie Wolfsburg, Wismar oder Altlandsberg gezeigt, dass diese 2. Liga ein Tanz auf dem Drahtseil ist.

Einen Vorwurf gibt es aber doch, das haben die Gespräche mit den Betroffenen gezeigt: Sie fühlen sich hintergangen. Immer wieder sei gesagt worden, wir bekommen das hin. Dass jetzt der Abgang von Franziska Heinz als Überforderung verkauft werden sollte, entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen. Überforderung ist wohl eher das Problem, das die GmbH in den vergangenen Monaten hatte: bei der mühsamen Suche nach Geldgebern, bei der ehrenamtlichen Organisation eines professionellen Spielbetriebs. Offenbar hat man da die Augen vor der Realität verschlossen - so lange, bis das Trainergespann sie mit seinem Rücktritt brutal geöffnet hat.

Aus dem Ziehen der Reißleine kann der Fall ins Bodenlose werden: Die Spielerinnen werden ihre Lehren ziehen. Und die können für die traditionsreiche Zweitligamannschaft aus Greven sehr bitter sein.


WN-Redakteur Winfried Kitzmann:

Aushängeschild wienern

Die Nachricht schlug ein wie ein riesiger Meteor ins Nachrichtenmeer. Und sie schlägt Wellen. Dass Franziska Heinz zurücktritt aufgrund vor allem von organisatorischen Schwierigkeiten im Umfeld der Mannschaft, gleicht einem Tsunami in der Grevener Sportlandschaft. Und speziell in der Handballabteilung wird dieser Rücktritt Schaden anrichten, der mit gut gemeintem Rat und einigen Handstreichen nicht wiedergutzumachen sein wird. Dass der Schritt seine Gründe hat, zeigt die Tatsache, dass das Urgestein Daniela Oana ebenfalls seinen Rücktritt erklärt hat.

Finanzielle Rückstände gibt es in vielen Handballvereinen. Fast alle nagen am Existenzminimum, viele vegetieren darunter. Das Damoklesschwert Insolvenz hängt seit Jahren über vielen Vereinen. Im vergangenen Jahr haben bereits vier Klubs in der Zweiten Bundesliga der Damen die Reißleine gezogen und sich aus dem Leistungssport zurückgezogen.

Ganz anders sollte es laufen in der Friede-Freude-Eierkuchen-Welt des SC Greven 09. So gut wie nichts drang nach draußen. Wie selbstverständlich wischten sie den Boden, um das Harz zu säubern. Machten Werbung für sich, indem sie einen Kalender entwarfen, hielten still, obwohl sie monatelang auf ihre ohnehin geringe Aufwandsentschädigung warteten.

Nur unter dem Mantel der Verschwiegenheit wurde herumgereicht, dass die Damen auf ihre Gelder warten. Immer wieder mal in den vergangenen Monaten. In einem solchen Milieu eine Mannschaft zu trainieren, die absolute Hochleistungen erbringen muss, ist nicht möglich, ohne Abstriche zu machen. Denn nur wer 100 Prozent fokussiert ist auf die eigenen Leistungen, der kann auch an seine eigenen Grenzen gehen. Und die Weltmeisterin, die für sich die Messlatte auch als Trainerin hoch gelegt hat, konnte wohl nicht länger zuschauen.