Erst arbeiten - dann tauchen

29.12.11

Warum sich Handballfreund Thomas Menke aufmachte, Australien mit dem Auto zu erkunden

Es gibt Menschen, denen wird übel, wenn sie nicht jeden Morgen ihren Kirchturm sehen. Sie sind froh, wenn sie wieder aus dem Urlaub daheim sind. Dort, wo sie alles an der gewohnten Stelle vorfinden, wo sie ihre Freunde haben, ihren Sport treiben und ihrem Beruf nachgehen.

Dem Handballer Thomas Menke war das zu wenig. "Ich wollte etwas Anderes sehen. Wenn nicht jetzt, wann dann?" Gerade war er von den Friesen aus Telgte zurückgekehrt zu den Handballfreunden, da machte er sich auf, um das Leben auf der anderen Seite der Erdkugel zu erforschen. "Work and travel" - Arbeiten und Reisen. So hat er es gehalten. Im Schweinestall fing er an und an den Stränden Balis hörte seine Reise auf. Und er hat nicht nur Erlebnisse und Reiseberichte mitgebracht, sondern auch einen Stein mit schimmerndem Gold. Echtem Gold, das er vor einer Goldmine in Kalgoorlie gefunden hat. Gold wert sind aber auch seine Lebenserfahrungen, die er während des einen Jahres gesammelt hat.

Genau 13 Tage hat er einen Schweinestall zusammengeschweißt, um sich ein billiges Auto zu kaufen. Fast unabdingbar, wenn man einen so riesigen Kontinent bereisen will.

Ihn zog es in den Westen nach Perth, er tauchte im Norden des Landes an der Westküste.

Abseits vom Great Barrier Reef, in dem Touristen und Backpacker, wie man in Australien die Rucksacktouristen nennt, nach Korallen und bunten Fischen tauchen? "Großartig".

14 Tage lang Unterkunft in einem Rennstall gefunden? Als Gegenleistung ein bischen die Rennstrecke präparieren? "Bärenstark".

Leben in einem Auto? "Grandios".

Wer in solchen Superlativen schwelgt, der besitzt Erinnerungen, die nicht zu ersetzen sind durch die Alltagsgeschichten in der Heimat.

"Erfinderisch" werde man, wenn man im Auto wohnt und Duschen und Toilette auftreiben muss. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Aber es gebe sie überall, die gastfreundlichen Australier, die einem nach einem Abtasten auch das eigene Haus oder die Garage, mindestens aber einen Parkplatz zur Verfügung stellen.

Und dann die Begegnung mit der Polizei, als das Auto schon zwei Tage an der gleichen Stelle steht und der Wachmann sich zum nächsten Abend zum Glas Bier einlädt.

Und dann doch noch das Great Barrier Reef. 900 australische Dollar verdiente Thomas Menke zuvor in einer Woche in einer Lagerhalle. "Dann konnte ich mir auch die Tauchgänge leisten." Doch pfiffig wie er war, bekam er einen Job auf einem Boot und konnte - nicht wie die anderen Backpacker - einen oder zwei Tauchgänge durchführen, sondern fast 30. "Atemberaubend." Am Heck fütterten die Touristen die kleinen Haie, am Bug sprang Thomas Menke ins Wasser, um die bunte Korallen-Unterwasserwelt mit den weit geöffneten Augen zu verschlingen.

Eine ganz andere Perspektive ergab sich beim "Sky-diving", beim Fallschirm-Tandemsprung. 60 Sekunden freier Fall bedeutet auch für einen Handballer, der das Fallen gewohnt ist, eine "panikähnliche Situation" kurz vor dem Start. "Wahnsinn."

Und dann spielte er doch noch Handball. In Sydney. Bei einem Turnier im Spiel um Platz fünf warf er stolze 17 Tore. Und ward umworben wie "Pommes" Pascal Hens in Deutschland. Nur etwa "auf Bezirksliganiveau", wie Menke feststellte. Trotzdem hätte es für die dortige Nationalmannschaft, mindestens aber für die Auswahl New South Wales gereicht. An ein anderes Verhalten konnte er sich dagegen nicht recht gewöhnen. Für drei Riesensporthallen waren nur zwei Duschen für Männer eingebaut.

Irgendwann sagte sein Portemonnaie und sein Kopf, dass es wieder heimwärts gehen müsse, obwohl er sich in Sydney in der chinesischen Wohngemeinschaft sehr wohl gefühlt hatte. Nach einem Abstecher nach Bali landete er wieder in Greven bei den Handballfreunden. Und stieg mit argen Konditionsschwächen wieder ins Training ein.

Jetzt fehlt dem staatlich geprüften Elektrotechniker nur noch ein Job. "Ich bin flexibel", sagt Thomas Menke, "ich würde wieder ins Ausland gehen, aber lieber zunächst hier ein paar Jahre arbeiten". Vielleicht auch des Handballs wegen. Denn mit den Handballfreunden will er in die Bezirksliga. Es muss ja nicht unbedingt in dieser Saison sein.

Quelle: Westfälische Nachrichten