Dass die Handballfreunde Reckenfeld/Greven 05 während ihrer Saisonvorbereitung der Boxabteilung des SC Nordwalde einen Besuch abstatten, ist inzwischen fast Tradition. Als sie sich vor dem alten Fabrikgelände im Nachbarort treffen, wissen die meisten Spieler der frisch aufgestiegenen Bezirksliga-Männer deshalb auch schon, wie anstrengend das Training im Ring wird. Und alle, die zum ersten Mal dabei sind, ahnen es spätestens, als sie den Trainingsraum betreten.
Dort sieht es aus wie in den berühmten Filmen mit Syvester Stallone: In der einen Ecke ein Boxring, in der anderen ein mit Boxhandschuhen und Kopfschützern bestücktes Regal. Und überall hängen Boxsäcke von der Decke. Muhammed Ceyhan übernimmt das Training an diesem Abend, die Handballfreunde kennen ihn schon aus dem vergangenen Jahr. Daher fackelt der SCN-Boxer auch gar nicht lange und bittet seine Gäste, zu denen auch einige Spieler der A-Jugend gehören, direkt zum Aufwärmen. Das beginnt, ganz klassisch, mit Seilspringen. "Da kommt die Grundschulzeit wieder hoch", scherzt Ceyhan - wohl wissend, dass die Aufgabe leichter klingt als sie tatsächlich ist. Wer in Boxermanier springt, auf dessen T-Shirt bilden sich schnell große Schweißflecken. Drei Runden von jeweils zwei Minuten stehen auf dem Programm, zwischendurch werden die Muskeln gelockert.
Die erste Pause. "Seile wegpacken, einen Schluck trinken und sofort zurückkommen", weist Ceyhan seine Gäste an. Und ruft mit einem Augenzwinkern hinterher: "Nicht trödeln!" Dann erklärt der Trainer die Grundlagen. Wie ein Boxer steht, wie er seine Fäuste hält, wie er sich bewegt. Schritt für Schritt. Die Handballfreunde gucken genau hin und machen es dem Boxtrainer nach. Wer schon einmal dabei war, hat es natürlich leichter und kennt bereits den Unterschied zwischen Schlag- und Führhand. Damit alle mitkommen, lässt Ceyhan aber nichts aus. "Die Grundstellung und die Bewegungen sind das Wichtigste beim Boxen", erklärt er. Vorwärts, rückwärts, seitwärts und im Kreis. Die 05er haben es schnell raus.
"Jetzt fangen wir mit dem Training an", sagt der Nordwalder und blickt in einige überraschte, fast schon entsetzte Gesichter. Er weiß ganz genau, warum die Männer, obwohl sie eigentlich topfit sind, nach nur zwei Übungen bereits so geschlaucht sind. "Für sie ist das ein komplett anderes Training mit komplett anderen Bewegungen, bei denen sie ganz andere Muskelpartien beanspruchen als sonst."
Trotzdem geht's ohne lange Pause weiter. Die Handballfreunde tun sich paarweise zusammen und vertiefen die eben erlernten Bewegungen auf spielerische Weise. "Versucht, die Schulter eures Gegners zu berühren", erklärt Ceyhan. Ein bisschen sieht es nach Schulhof-Gerangel aus, ein bisschen aber auch schon nach echten Box-Angriffen - und Spaß, der steht den 05ern ins Gesicht geschrieben. Wie bei allen Übungen an diesem Abend gibt es mehrere Durchgänge und verschiedene Varianten. Da wird nicht nur der Körper gefordert, sondern auch der Kopf. Einmal kommt sogar ein Ball ins Spiel. Ein Medizinball, den sich die Handballfreunde in Kleingruppen gegenseitig zuwerfen sollen. In Boxerstellung und -bewegung - und ohne das schwere Gerät fallen zu lassen. Wer den Ball nicht fängt, macht Liegestütze oder Kniebeugen.
Co-Trainer Carsten Lübbeling sieht interessiert zu. "Muhammed hat einige Übungen drauf, die ich noch gar nicht gekannt habe", stellt der erfahrene Handballer anerkennend fest. Und er freut sich: "Man sieht, dass den Jungs das Boxtraining gefällt. Das ist auch einfach eine tolle Abwechslung."
Schließlich dürfen die 05er die roten Handschuhe anziehen. Während die eine Hälfte auf die Boxsäcke einschlägt, macht die andere Hälfte eine weitere Übung. Egal, was Ceyhan fordert - die Handballer hängen sich rein. "Ist das richtig so?", fragt Max Antemann mit angestrengtem Blick. Dann kommt das richtige Boxgefühl auf: Einer hält den Boxsack, der andere schlägt. Mal schnell, mal feste. Immer im Wechsel. Irgendwann sind die Handballfreunde k.o. "Was ist los mit euch?", fragt der Box-Trainer. "Ihr werdet immer langsamer." Michael Hendricks grinst: "Sollen wir dich mal in die Halle einladen?"
Zum Abschluss versammeln sich alle im Ring, um noch ein paar Übungen zu machen, die vor allem der Stärkung der Bauchmuskulatur dienen. Dann heißt es: "Feierabend!" Aber die 05er bleiben noch bisschen, um Ceyhan auszuquetschen. Über das Boxen - und darüber, was in der zweiten Trainingseinheit ansteht. "Sparring, Mensch gegen Mensch", verrät der SCN-Boxer. Die Handballfreunde freuen sich schon.
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Quelle: Westfälische Nachrichten
Handballfreunde im Ring
31.07.13